
Ein bayerisches Insolvenzverfahren
Verfahren bei der Staatsanwaltschaft (230 Js 42705/19) gegen Daniel D. wegen Datenveränderung
Übertragung des E-Mail-Kontos an Wettbewerber
Das Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen Daniel D. wegen Datenveränderung zeigt, wie das unautorisierte Ändern von Passwörtern und der Verlust essenzieller Firmenunterlagen eine Person in eine prekäre Lage bringen kann.
Trotz umfangreicher Beweislage und polizeilicher Ermittlungen wurde das Verfahren eingestellt – ohne direkte Benachrichtigung und unter Berufung auf einen fehlenden Strafantrag sowie mangelndes öffentliches Interesse.
Diese Vorgehensweise wirft grundlegende Fragen auf:
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Warum hat der Schutz sensibler persönlicher Daten bei der Staatsanwaltschaft keine Priorität?
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Warum wird der daraus resultierende wirtschaftliche Schaden nicht ernst genommen?
Hintergrund und Vorgeschichte
Am 02.10.2019 verlor Gaebel plötzlich den Zugang zu seinem privaten E-Mail-Konto (markus@gaebel.name) sowie zu dem Konto seiner Tochter (rachele@gaebel.name). Beide Konten waren bei 1&1 IONOS vertraglich gebunden, wobei die regelmäßigen Zahlungen von Markus Gaebel stets erfolgt waren.
Ohne Vorwarnung wurde das Passwort geändert, sodass nicht nur der Zugriff auf die gespeicherten E-Mails, sondern auch auf weitere datenrelevante Zugänge verloren ging.
Die Versuche, das Passwort zurückzusetzen, führten lediglich zu der Option, die auf Daniel D., Geschäftsführer der CT Management GmbH und ehemaliger Prokurist der CourtTech GmbH & Co. KG, verwiesen.
Nach Rückfrage informierte der Provider darüber, dass der Vertrag auf die CT Management GmbH überschrieben worden sei – auf Anweisung des Insolvenzverwalters.
Eine umgehende Kontaktaufnahme per E-Mail an den Insolvenzverwalter📜 zur Klärung des Sachverhaltes blieb jedoch unbeantwortet.
Polizeiliche Ermittlungen
Am 08.10.2019 erstattete Gaebel bei der Polizeiinspektion Traunstein Anzeige gegen Daniel D. wegen Datenveränderung.
Gaebel legte den Vertrag mit dem Provider und die Belege für die Monatlichen Zahlungen vor. Nach einer umfangreichen Vernehmung wurde der Vorfall in die Ermittlungen aufgenommen.
Am 21.10.2019 verfasste der Leiter der Cybercrime-Einheit in Traunstein einen Ermittlungsbericht, in dem die Staatsanwaltschaft um Weisung gebeten wurde:
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Ob neben der anstehenden Beschuldigtenvernehmung auch eine Durchsuchung des privaten Wohnsitzes sowie der Firmenanschrift der CT Management GmbH angezeigt sei.
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Als Beweismittel sollten der Schriftverkehr und die Nachweise der Datenänderungen bei 1&1 IONOS dienen.
Bis zur Rückmeldung der Staatsanwaltschaft wurde von einer Kontaktaufnahme mit dem Beschuldigten abgesehen.
Einstellung des Verfahrens
Erst knapp ein Jahr nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens, das auf der Verfügung vom 27. Dezember 2019 beruhte, erhielt Gaebel am 06. November 2020 die entsprechende Mitteilung📜.
Als Begründung wurde angeführt, dass „im Hinblick auf die Gesamtumstände kein Anlass besteht, das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen zu bejahen“.
Nach Erhalt dieses Schreibens der Staatsanwaltschaft erhielt Gaebel am 04. Januar 2021 eine Stellungnahme des Kommissariat 11 Cybercrime📜 in Traunstein.
Darin stellte der Kriminaloberkommissar klar, dass es nicht Aufgabe der Polizei sei, den Zugriff auf gehackte Accounts wiederherzustellen, da dies mangels entsprechender Befugnisse nicht möglich sei.
Ein einfacher Anruf bei 1&1 IONOS könne den Sachverhalt nach Ansicht der Cybercrime-Einheit daher nicht klären.
Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft
Wegen weiterhin benötigter Unterlagen (u. a. für Steuererklärungen) legte der Gaebel am 11.11.2020 Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft München ein.
Die Beschwerde wurde am 08. Februar 2021 zurückgewiesen📜. "Es hat sich kein Anlass zu einer aufsichtsrechtlichen Beanstandung ergeben. Der Sachverhalt wurde von der Staatsanwaltschaft Traunstein unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte und rechtlich zutreffend behandelt."
Anmerkungen
Aus Sicht des Anzeigenerstatters sind verschiedene Aspekte hinsichtlich der Art und Weise, wie die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Daniel D. (wegen Datenveränderung) geführt und eingestellt hat, besonders bemerkenswert:
Schnelle Einstellung ohne direkte Benachrichtigung
Obwohl der Zugriff auf sensible Daten und die daraus resultierenden Folgen für den Anzeigenerstatter erheblich waren, wurde das Verfahren zügig eingestellt. Eine offizielle Mitteilung über diese Entscheidung erhielt der Anzeigenerstatter jedoch erst knapp ein Jahr später.
Fragwürdiges öffentliches Interesse
Als Begründung nannte die Staatsanwaltschaft, es bestehe kein öffentliches Interesse.
Dies erschien dem Anzeigenerstatter umso fragwürdiger, da dieser Entscheidung erhebliche Auswirkungen, die bis heute nachhallen, auf Steuererklärungen hat.
Wettbewerbsrelevanz nicht berücksichtigt
Unberücksichtigt blieb zudem, dass die CT Management GmbH zum fraglichen Zeitpunkt in direktem Wettbewerb mit dem Anzeigenerstatter stand. Dies unterstreicht die wirtschaftliche Bedeutung der Datenübernahme – ein Aspekt, der von der Staatsanwaltschaft offenbar nicht weiter untersucht wurde.
Zweifel an den Kriterien der Staatsanwaltschaft
Aus Sicht des Anzeigenerstatters wirft der Verfahrensablauf Fragen zu den Kriterien auf, nach denen die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung bewertet hat und inwieweit relevante Aspekte, wie wirtschaftlicher Schaden und Wettbewerbsnachteile, angemessen Berücksichtigung fanden.